Die Zeit der Schwangerschaft und auch danach, war so besonders, dass ich gerne daran zurückdenke: Beim Infoabend im Januar 2016 im Geburtshaus traute ich mir zwar noch nicht zu, ambulant ohne PDA zu gebären, aber Julias Aussage „Mäuse bekommen Mäuse, Hunde bekommen Hunde und Menschen bekommen eben Menschen“ weckte meine Zuversicht, es klang simpel und logisch. Darüber hinaus half uns der Infoabend, der Rundgang durch das Haus, das Wissen, welche Hebammen mich bei der Geburt begleiten und nicht zuletzt vor allem die Atmosphäre insgesamt, bei unserer Entscheidung. Es erschien uns als guter Mittelweg, zwischen Hausgeburt und Krankenhaus. Letzteres kam für mich gar nicht in Frage, schließlich bin ich nicht krank, nur schwanger. So meldeten wir uns noch am selben Abend an.
Bei den Vorsorgeterminen mit Julia und Sarah im Wechsel, konnten mein Mann und ich beide kennenlernen. Bei mir wuchs die Zuversicht in meinen Körper und mich, trotzdem wollte ich nicht auf eine doppelte Vorsorge verzichten und ging parallel auch immer zur Gynäkologin. Jedoch fühlte ich mich durch die Arzt-Termine manchmal besorgt und negativ beeinflusst, im Geburtshaus wurde ich dagegen immer bestärkt und in Ruhe über alles informiert. Bei einem zweiten Kind werde ich wahrscheinlich auf die ärztliche Vorsorge verzichten können und vor allem wollen.
Auch neben den Vorsorgeterminen waren Sarah und Julia telefonisch immer erreichbar und beantworteten geduldig meine Fragen.
Mitte September sollte der errechnete Entbindungstermin sein. Ich versuchte diesen möglichst gelassen zu erwarten und dachte mir, dass ich als Erstgebärende bestimmt sowieso über den Termin gehen würde. Neun Tage vor ET, wurde ich gegen 5 Uhr morgens mit einem Ziehen im Bauch wach, ein paar Stunden später rief ich Sarah an. Wenig später meinen Mann auf der Arbeit, mit der Bitte etwas für die möglichen nächsten ersten Tage mit Kind, einzukaufen und nach Hause zu kommen. Nachdem ich auf Sarahs Anraten hin ein Bad nahm, wurden die Wehen erst angenehmer, beim Verlassen der Badewanne jedoch so stark, dass mein Mann und ich, mit gepackter Geburtstasche und Maxi Cosi, zügig auf den Weg ins Geburtshaus machten. Da war es ca. 11.30 Uhr.
Da angekommen erwartete uns Sarah schon, und fast zeitgleich war auch eine andere Frau mit Wehen eingetroffen. Ich bangte, dass mein erhoffter Raum frei sein würde. Und ich hatte Glück. Anfangs betreute Sarah die andere Frau und mich noch parallel. Bei mir wurden die Wehen aber in kurzer Zeit so heftig, dass ich sie schnell komplett in Anspruch nehmen musste. Jedoch machte mir der Gedanke, dass im Nebenraum auch eine Frau ihr Kind gebärt, auch etwas zu schaffen. Kurzzeitig fühlte ich mich wie in einem Wettbewerb, wer es als Erste schaffen würde. Aber in kürzester Zeit war ich so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass diese Gedanken von allein verschwanden.
Die Wehen wurden stärker und ca. 12.30 Uhr platzte die Fruchtblase. Julia schaute auch kurz vorbei und sagte „Hallo“, wenig später zur Austreibungsphase blieb sie dauerhaft bei uns. Da unser Mädchen sich in ihrem kleinen Dickkopf überlegt hatte, als Sternengucker auf die Welt zu kommen, zog sich diese Phase etwas in die Länge. Beide gaben mir unglaublich Kraft und leiteten mich in den Wehen tatkräftig an, auch mein Mann wurde mit einbezogen. Zwischendurch versorgte er mich immer wieder mit Wasser und einem kühlen Tuch.
Auch wenn durch die Wehen nicht ganz einfach war, versuchte ich ihre Vorschläge die Position zu wechseln, umzusetzen. Nach einigen schweißtreibenden Stunden, oder waren es doch nur Minuten, erblickte unsere Amelie das Licht der Welt und wir konnten sie direkt in unsere Arme schließen. Nachdem meine kleinen sichtbaren Verletzungen versorgt waren, Amelie vermessen, vom Papa angezogen und wir uns ca. 3-4 Stunden erholt hatten, konnten wir zu dritt nach Hause fahren.
So vergingen von unserer Ankunft bis zur Geburt nur 6 Stunden, was wohl recht zügig ist als Erstgebärende. Ich bin überzeugt, dass wir im Krankenhaus keine so schöne und schnelle Geburt gehabt hätten, da ich sicher die Möglichkeiten von Wehenhemmern oder einer PDA, wegen der rasch zunehmenden Wehen, angebotenen bekommen und wahr genommenen hätte. Zu keiner Zeit hatte ich ernsthafte Gedanken „aufzugeben“ und die nicht so ernsthaften zerstreuten Julia und Sarah sorgfältig. Anmerken möchte ich außerdem, dass ich mich in keinem Moment allein gelassen gefühlt habe, obwohl der seltene Fall von zwei zeitgleichen Geburten eingetroffen war.
Abschließend möchte ich Schwangere ermutigen in der heutigen Zeit mit unendlichen medizinischen Möglichkeiten und Verlockungen der „schmerzfreien“ Geburt den Weg der ganz natürlichen Geburt zu wählen.
Die ersten Tage zu dritt waren sehr warm mit bis zu 30 Grad und aller Anfang ist bekanntlich schwer. Da wir ohne familiäre Unterstützung auskommen mussten, war die Betreuung durch unsere Nachsorgehebamme Julia umso wichtiger für uns. Vor allem in der ersten Woche hatten wir bei Ihren täglichen Besuchen eine Vielzahl an Fragen gesammelt, die sie geduldig beantwortete. Auch wenn wir nicht immer alle Ratschläge befolgt haben und der ein oder andere Termin, vor allem wegen Geburten, verschoben werden musste, so war uns die Begleitung eine große Hilfe.
Danke Julia, danke Sarah, dass ihr dieses einzigartige Erlebnis möglich gemacht, und uns zu jeder Zeit so toll unterstützt habt.
Kerstin, Andreas und Amelie